Förderpreise 2022 – Bereich Bildende Kunst
Förderpreise 2022 – Bereich Design
Martin Baur & Florian Latsch, Foto: Alescha Birkenholz 2022
Martin Baur & Florian Latsch, Foto: Alescha Birkenholz 2022
Martin Baur & Florian Latsch, Foto: Alescha Birkenholz 2022
Martin Baur & Florian Latsch, Foto: Alescha Birkenholz 2022
Martin Baur & Florian Latsch, Foto: Alescha Birkenholz 2022
Benedikt Hartl, Foto: Alescha Birkenholz 2022
Benedikt Hartl, Foto: Alescha Birkenholz 2022
Benedikt Hartl, Foto: Alescha Birkenholz 2022
Benedikt Hartl, Foto: Alescha Birkenholz 2022
Benedikt Hartl, Foto: Alescha Birkenholz 2022
Roman Leonhartsberger, Foto: Alescha Birkenholz
Roman Leonhartsberger, Foto: Alescha Birkenholz
Kollektiv P.O.N.R., Foto: Alescha Birkenholz
Kollektiv P.O.N.R., Foto: Alescha Birkenholz
Kollektiv P.O.N.R., Foto: Alescha Birkenholz
Kollektiv P.O.N.R., Foto: Alescha Birkenholz
Kollektiv P.O.N.R., Foto: Alescha Birkenholz
Max Otto Zitzelsberger, Foto: Alescha Birkenholz
Max Otto Zitzelsberger, Foto: Alescha Birkenholz
Max Otto Zitzelsberger, Foto: Alescha Birkenholz
Max Otto Zitzelsberger, Foto: Alescha Birkenholz
Alle zwei Jahre verleiht die Landeshauptstadt München Förderpreise für Bildende Kunst, Architektur, Design, Fotografie und Schmuck. Die Ausstellung „Förderpreise 2022“, die in der Lothringer 13 Halle ab dem 18.03.2022 zu sehen ist, zeigt Werke der Künstler*innen bzw. Büros, die von den Mitgliedern der fünf Fachjurys nominiert wurden. Dieser Eintrag versammelt alle Nominierten im Bereich Architektur:
Martin Baur & Florian Latsch
Benedikt Hartl
Roman Leonhartsberger
Kollektiv P.O.N.R.
Max Otto Zitzelsberger
Martin Baur & Florian Latsch
Unsere Städte sind das Abbild unserer Gesellschaft. Die Frage nach der schönen und guten Gestalt eines Gebäudes ist auch die Frage nach dem guten menschlichen Zusammenleben.
Wir akquirieren daher Projekte fast ausschließlich über Wettbewerbe und können so Bauten für die Gesellschaft bearbeiten und das Zusammenleben prägen. Unsere Installation zeigt anhand von großformatigen Fassadenzeichnungen eine Auswahl von Gebäuden, deren Gestalt in der Bearbeitung von Wettbewerben entstanden ist. Komplizierte Zulassungsbeschränkungen für Wettbewerbsverfahren schließen jedoch kleine Bürostrukturen in vielen Fällen aus. Die Auswahl der hier gezeigten Projekte ist daher größtenteils zufällig, bzw. geprägt von den Vergaberichtlinien und nicht zuletzt auch von unserem Losglück.
Für Gottfried Semper lag der Ursprung der Architektur in einem stoffbehängten Gerüst. Die Fassaden bzw. die Wände eines Gebäudes wurden nach Gottfried Semper als Bekleidung des Bauwerks aus einem textilen Geflecht hergestellt. Und schon rein etymologisch vermutet man einen Zusammenhang zwischen Wand und Gewand.
In einem geschlossenen und doch frei zugänglichem Raum werden, von der äußeren Wirklichkeit abgetrennt, in einem einheitlichen Maßstab Fassadenzeichnungen als Fragmente auf der Wand der Installation ausgestellt. Die einfache Anordnung, ähnlich einer Enzyklopädie nach der Größe sortiert, ermöglicht eine fast gesamtheitliche Zusammenschau unserer bisherigen Wettbewerbsprojekte.
Unmöglich ist natürlich der geringe Abstand, in dem die Architekturzeichnungen nebeneinander angeordnet sind, ohne einen eigentlichen Bezug zueinander zu haben. Die unmittelbare räumliche Nähe durchbricht physische, soziale und zeitliche Grenzen. Die Installation will nicht nur als Methode verstanden werden die Dinge zu ordnen, sondern soll ähnlich wie ein Prisma arbeiten, in dem sich alles bricht, was im Stadtraum existiert und heute Gegenwart ist.
Das Büro Baur & Latsch Architekten wurde 2017 in München gegründet, nachdem Martin Baur (*1981) und Florian Latsch (*1979) den Wettbewerb „Wohnen am Verna-Park“ in Rüsselsheim am Main gewonnen hatten. Realisieren konnte es bislang neben den sieben Wohnhäusern in Rüsselsheim die Umbauten eines denkmalgeschützten Kleinbauernhauses und zweier Wohnungen im denkmalgeschützten Olympischen Dorf in München, derzeit ist ein Wohn- haus in Augsburg im Bau. Neben Wohnbauten stehen vor allem Bauten für die Bildung und für soziale und religiöse Zwecke im Fokus des Büros. Beide Büropartner waren zudem als wissenschaftliche Mitarbeiter bzw. als Korrekturassistenten und Lehrbeauftragte an verschiedenen Lehrstühlen in München, Karls- ruhe und Nürnberg tätig. Zurzeit leiten Martin Baur und Florian Latsch als Vertretungsprofessoren im Wechsel den Lehrstuhl Entwerfen und industrielle Methoden der Hochbaukonstruktion an der TU Darmstadt.
Benedikt Hartl
Nach dem völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine setzt der Westen auf Sanktionen. Um sich langfristig unabhängig von autokratischen Staaten zu machen und die Energiewende in Deutschland zu erneuerbaren Energien umzusetzen, ist es wichtig, dass Nord Stream langfristig gestoppt wird. Daher wurde Opposite Office beauftragt, ein alternatives Konzept für die Ostseepipeline zu entwerfen. Hierbei wird das Gelände der deutschen Anlandestation in Lubmin bei Greifswald umgenutzt und zu einem Zentrum für Völkerverständigung transformiert. Die bereits verlegten Rohre werden aus dem Meer geholt und dienen als Baumaterial für Nord Stream 3. Nord Stream 3 ist ein Programm der Deutschen Bundesregierung für Frieden und Völkerverständigung. Die Rohre von Nord Stream 2 mit einem Durchmesser von 1,153m werden zu einem Haus mit 194 Schlafkojen umgebaut. Diese 194 Schlafkojen werden per Zufallsgenerator jeden Monat an Menschen aus verschiedenen Staaten verlost. Dieser einmonatige Aufenthalt, der für alle kostenlos ist, hat zum Ziel, die unterschiedlichsten Menschen aus allen Klassen, Kulturen, Religionen und Nationen zusammenzubringen. So entsteht ein interkultureller Austausch, der Freundschaften ermöglicht und Vorurteile abbaut. Auf Ebene der Zivilgesellschaft können so Transformationen von unten ermöglicht und gestaltet werden, getragen durch einen internationalen, multikulturellen Prozess des Austausches, der Vernetzung und Zusammenarbeit. Statt einer Versammlung von Top-Diplomat*innen und Staatenlenker*innen erwächst eine Vollversammlung der Vereinten Nationen der kleinen Leute, der Bürger*innen dieser Welt.
Benedikt Hartl ist Gründer des aktivistischen Architekturbüros Opposite Office. Er zeichnet, schreibt, imaginiert und baut architektonische Spekulationen. Durch die Schaffung räumlicher Lösungen für soziale und politische Probleme engagiert sich Opposite Office in den Bereichen Architektur, Gesellschaft, Ökologie und Ökonomie. Benedikt Hartls spekulative Architekturen überschreiten theoretische Denkmuster um durch kritische Interventionen neue mediale Formen architektonischer Arbeit zu schaffen.
oppositeoffice.com | @oppositeoffice
Roman Leonhartsberger
Vor dem Hintergrund von Globalisierung, Klimakrise, tiefgreifenden gesellschaftlichen Umwälzungen und einer anhaltenden Urbanisierung beschäftigt uns die Frage, wie Städte lebenswert, inklusiv und nachhaltig gestaltet werden können. Dass wir daran alle tagtäglich mitwirken ist selbst- verständlich. Weniger klar ist allerdings, dass unser Begriff dessen, was städtisches Leben ausmacht und wie wir daran teilhaben wollen, durch unsere persönliche Erfahrung im urbanen Zusammenleben und unsere kulturelle Idee von Stadt geprägt ist. Um urbanes Zusammenleben erfolgreich gestalten zu können ist eine persönliche Diskursfähigkeit in Hinblick auf den Urbanitätsbegriff nötig. Stadt und Städte, unsere gesamte Vorstellung von Urbanität wird neben unseren Alltagserfahrungen von den Medien geprägt. Film als das zentrale Medium des 20. Jahrhunderts hat unsere Vorstellung der Welt und ihren städtischen Räumen stark beeinflusst. Als Kulturprodukt und erzählerisches Format ergänzt er die Darstellung städtischer Räume durch Dimensionen wie Milieu, Geschichte, Politik, Kultur und Technologie. Unser Verständnis von Stadt und unsere Fähigkeit, urbane Bedingungen einzuordnen und zu diskutieren sind Kulturtechniken, die durch das Medium des bewegten Bildes und dessen konservierten und konstruierten Zeitkontext entscheidend mitbestimmt werden. Die Arbeit »Die Stadt im Kopf« will zum Nachdenken über den persönlichen Urbanitätsbegriff und zur Diskussion über unser Zusammenleben einladen und fragt: „Welche Städte hast Du nur im Kino gesehen?“
Roman Leonhartsberger, geboren 1980 in München, arbeitet an der Schnittstelle von Architektur und Stadt. Seine Arbeitsschwerpunkte bilden Wohnungsbau, städtischer Raum und strategische Stadtentwicklung. Seit 2011 ist er in Lehre und Forschung auf diesem Gebiet tätig, zuletzt im Rahmen einer Gastdozentur an der TU München sowie seit 2015 als Lehrbeauftragter für Städtebau an der Hochschule München. Eine zentrale Frage im Mittelpunkt seiner Arbeit lautet: Wie kann Stadt als gemeinsame Umgebung produktiv diskutiert und weiterentwickelt werden?
Kollektiv P.O.N.R.
In der Lothringer 13 Halle dient eine Litfaßsäule, ein im kollektiven Bewusstsein verankertes Stadtmöbel, als bunte Projektionsfläche interdisziplinärer Projekte. Das autonome und im Stadtraum wiederverwendbare Werk »Litfaßsäule« ist ein nostalgisches Zitat, erfährt aber eine gestalterische Neuinterpretation. Die darauf locker verteilten Plakate zeigen eine Collage performativer Ereignisse von P.O.N.R., in denen sich bestimmte Ideen im Umgang mit dem Stadtraum manifestieren, welche sich zu laufenden interaktiven Projekten entwickeln. Aus der Litfaßsäule strahlt der Kurz- film »SUBumentary – U-Bootfund im Domagpark«, den P.O.N.R. im Rahmen der Ausstellung erstmals veröffentlicht: Bei den Bohrungsarbeiten für einen Brunnen auf dem Bauhausplatz stieß man im Sommer 2021 auf Teile des Yellow Submarin – eine Diskothek, die einst Stars aus aller Welt nach München lockte und die zu dem inzwischen abgerissenen Schwabylon-Komplex gehörte. In einer zweitägigen von P.O.N.R. veranstalteten Podiumsdiskussion debattierten Lokalpolitiker*innen, Stadtplaner*innen und Kulturschaffende über den Umgang mit dem Fund. Welches Potential birgt das unterirdische U-Boot für das Neubauquartier? Was bedeutet das Ungeplante, das Unvorhersehbare für die Großstadt? Wie viel Mut zur Reibung brauchen wir? Die urbano-nukleare Sprengkraft des Fundes verursacht Störungen im Architektur-Zeit-Kontinuum des Bauhausplatzes und entfacht einen antidystopischen Diskodiskurs.
P.O.N.R. ist ein Münchner Kollektiv, das das Ziel verfolgt, die Debatte über den öffentlichen Raum ins Bewusstsein der Stadtbevölkerung zu holen. Durch gezielte Interventionen inspiriert P.O.N.R. die Stadtbewohner*innen dazu, sich ihre Umgebung anzueignen und sie selbst mitzugestalten. Das Kollektiv bedient sich unbescheiden der Werk-zeuge von Architektur, Kunst, Urbanistik, Soziologie bis hin zu Theaterund schafft es, durch temporäre bauliche Strukturen, Diskussions-runden, Performances, Workshops und Vorträge alternative Visionen für eine lebendigere Stadt zu präsentieren.
Max Otto Zitzelsberger
Zusammen mit dem Maria-Ward-Gymnasium in Nymphenburg entwickeln wir den Prototypen für das »Münchner Klassenzimmer«. Es handelt sich dabei um ein grünes Klassenzimmer im Freien, einen interaktiven Möglichkeitsraum, der im Rahmen eines co-kreativen Entwicklungsprozesses zusammen mit den Schüler*innen konzipiert und umgesetzt wird. Es gilt dabei, räumliche Lösungen zu formulieren, die ganz unterschiedliche Arten des Voneinander Lernens erlauben. Das »Münchner Klassenzimmer« soll flexibel sein, um sich wechselnden Bedürfnissen der Community anpassen zu können. Darüber hinaus muss der Lernort niederschwellig, einladend und robust sein, zum Weiterdenken, Weiter- bauen und Fortentwickeln einladen und aktive Aneignung der diversen Module durch die Nutzer*innen zulassen.
Wir verstehen die Begleitung des Entwurfsprozesses mit Nutzer*innen und Akteur*innen als einen wesentlichen Teil der Planung. Architektur im gemeinnützigen Sinne kann nur im Rahmen von Beteiligung entstehen. Konzipiert werden verschiedene Module, die im Freiraum flexibel ein- setzbar sind. Zentrales Thema bei der Entwicklung dieser Module und Möbelstrukturen sind die Begriffe Rethink/ Reduce/ Reuse/ Recycle. Wir verwenden soweit es geht Reststoffe und Baustellenabfälle. Die verwendeten Materialien werden umgedacht, zweckentfremdet und einer anderen Nutzung zugeführt. Das Projekt steht stellvertretend für ein allgemeines Konzept und soll in Zusammenarbeit mit weiteren Münchner Schulen fortentwickelt werden.
Max Otto Zitzelsberger, geboren 1983 in Landshut, arbeitet als selbständiger Architekt und als Juniorprofessor für Tektonik im Holzbau. Ausgezeichnet u.a. mit dem Stipendium der Villa Massimo in Rom – Casa Baldi (2019), dem Weißenhof-Architekturförderpreis (2018), und dem Preis des Deutschen Stahlbaues (2018).
maxottozitzelsberger.de | @maxottozitzelsberger