PART TIME COMMITMENT Arbeitskreis #2: Infrastrukturen, liberales Unbehagen, Unterbrechung
9.6.—10.6.2023

format

workshop, gespräch, performance, lecture
Halle

Now closed

11:00–19:00 h

Freitag, 9. & Samstag, 10. Juni
PART TIME COMMITMENT Arbeitskreis #2: Infrastrukturen, liberales Unbehagen, Unterbrechung
mit Lisa Jeschke, Johanna Klingler, MYSTI, Marina Vishmidt

Infrastrukturen ermöglichen und fördern bestimmte Handlungen und Ergebnisse und andere implizit nicht. Solange sie funktioniert, wird Infrastruktur kaum wahrgenommen. Infrastruktur, so schreibt die Theoretikerin Marina Vishmidt, hat eine stark zeitliche Dimension, insofern Infrastruktur das ist, was sich wiederholt. Die Wiederholung wird zur täglichen Routine normalisiert. Erst wenn sie aufhört zu funktionieren, werden durch den Einschnitt Geschichte und Machtverhältnisse sichtbar.
Der Arbeitskreis #2 nimmt aus der Perspektive künstlerischer und aktivistischer Praktiken die verschiedenen Aspekte von Infrastruktur in den Blick. 


Freitag, 9. Juni, 17 Uhr & Samstag, 10. Juni, 14–16 Uhr
Lesegruppe & Workshop
mit Johanna Klingler
Johanna Klingler lädt zu einer zweistündigen Lesegruppe in Vorbereitung auf Marina Vishmidts Vortrag am darauffolgenden Tag ein. Hier sollen Texte zur sogenannten Infrastrukturkritik gemeinsam gelesen und diskutiert werden. Außerdem wird eine Einführung zu einschlägigen theoretischen Begriffen und Konzepten gegeben.
Im zweiten Teil der Lesegruppe, am Samstag, den 10. Juni von 14-16 Uhr, soll über Herausforderungen, Strategien und Motivationen des gemeinsamen Arbeitens nachgedacht werden. Der Workshop möchte die unterschiedlichen Aspekte kollektiver Arbeit reflektieren und innerhalb des Konzepts der Infrastruktur verorten. Neben einem Austausch über strukturelle und individuelle Schwierigkeiten und Vorzüge des gemeinsamen Arbeitens soll vor allem gemeinsam über Strategien der inklusiven Zusammenarbeit nachgedacht werden.
Für die Teilnahme an beiden Terminen bitten wir um verbindliche Anmeldung per Email bis zum 4. Juni an: projekt@lothringer13.com

Samstag, 10. Juni, 17 Uhr
Extended Part-Time Liberal Discomfort: A Conversation for Interruption 
von Lisa Jeschke & MYSTI
Lisa Jeschke & MYSTI laden zu einem fertig gescripteten Gespräch zu Fragen wie: Was ist Liberalismus, was ist das Problem daran und was ist seine Kunst? Danke. Anders als bei LJ & MYSTIs Workshop-Gespräch Liberal Discomfort Zone (HKW 2021) gibt es diesmal keine partizipativen Elemente. Die Zuschauer*innen können unterbrechen, wenn sie das möchten.

Samstag, 10. Juni, 19 Uhr
How Infrastructure and Reproduction Communicate
Vortrag von Marina Vishmidt über die Verbindungen zwischen sozialer Reproduktionstheorie und Infrastrukturkritik

Ähnlich wie die Argumente des Reproduktionsfeminismus, der sich nicht nur auf physische Fürsorge, sondern auch die Pflege ideologischer Werte innerhalb gesellschaftlicher Reproduktion konzentriert, betreffen Vishmidts Gedanken zum Konzept der Infrastruktur unter anderem Faktoren, die ideologische Normen sozial verankern und so als natürlich gegeben erscheinen lassen und Infrastruktur sowohl als epistemisch als auch materiell definieren. Der Erhalt solcher Normen, die nach Louis Althusser im Interesse des Staates und des Kapitals sozial reproduziert werden müssen, vollzieht sich nicht zuletzt durch Institutionen, die nur indirekt an der Reproduktion des Kapitalismus beteiligt sind. So tragen Institutionen wie Erziehung, Religion oder auch Kunst zu einer Naturalisierung von Klassenverhältnissen (in der Form von class, race und gender) bei, indem sie von ihrer vermeintlichen Außenstellung gegenüber den gesellschaftlich geschaffenen Strukturen aus das Denken und Handeln der Menschen dennoch in systemkonformer Art und Weise beeinflussen. Aber dies gilt auch für andere "Institutionen" wie ‘Menschsein’, ‘Freiheit’ oder ‘Ästhetik’ als Voraussetzungen für unsere Konzepte von Unabhängigkeit, Ganzheit oder Überfluss, die das emanzipatorische Begehren weiterhin prägen. Die Konsequenz daraus ist, dass Kritik, einschließlich Infrastrukturkritik, immer nur dann wirksam sein kann, wenn sie rücksichtslos ist. 

Alle Formate finden auf Englisch statt. 
Im Anschluss drinks und snacks!


Lisa Jeschke lebt in München und ist Lyriker*in und Performer*in. 2019 erschien bei hochroth München deren Gedichtband Die Anthologie der Gedichte betrunkener Frauen. Lisa ist Co-Herausgeber*in der Chapbook-Reihe Materials/Materialien (London/München). 

Johanna Klingler promoviert derzeit an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Prof. Sabeth Buchmann zu Praxen der Infrastrukturkritik. Seit 2022 leitet sie gemeinsam mit Jonas von Lenthe das Archiv des Kunstverein Muenchen. Sie ist Mitherausgeberin der Publikationsreihe Re:Re (Wirklichkeit Books Berlin) und Alumna des Berlin Program for Artists (BPA). Zu ihren Forschungsprojekten zählt beispielsweise die Archiverschließung des britischen Fotografen, Aktivisten, Pädagogen und Historikers Terry Dennett (in: “Camera Forward!”, MayDay Rooms London & PM Press UK, 2021).

MYSTI Selbstpublikationen: I AM NOT SULKING I AM HONORING YOUR LIMITATIONS, Heterosexual Panic, and EVERYONE'S PERSONAL BECAME POLITICAL & LANGUAGE MEANT NOTHING. Online: www.holdmyhairback.wordpress.com & foullows.substack.com
 

Marina Vishmidt ist Autorin und Redakteurin. Sie lehrt an der Goldsmiths University of London. Ihre Arbeiten sind u. a. in South Atlantic Quarterly, Artforum, Afterall, Journal of Cultural Economy, e-flux journal, Australian Feminist Studies, Mousse und Radical Philosophy sowie in einer Reihe von Sammelbänden erschienen, darunter Speculation für die Reihe Documents of Contemporary Art (Whitechapel/MIT 2023). Sie ist Co-Autorin von Reproducing Autonomy (mit Kerstin Stakemeier) (Mute, 2016) und Autorin von Speculation as a Mode of Production: Forms of Value Subjectivity in Art and Capital (Brill 2018 / Haymarket 2019). Sie ist Mitglied des Kollektivs Marxism in Culture und gehört dem Vorstand der Reihe New Perspectives on the Critical Theory of Society (Bloomsbury Academic) an. Im Jahr 2022 war sie Rudolph-Arnheim-Gastprofessorin für Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin und wird im Herbst 2023 eine Professur für Kunsttheorie an der Universität für angewandte Kunst in Wien antreten. Ihre Forschung wurde vom DAAD, dem Europäischen Sozialforschungsrat und dem Schwedischen Forschungsrat gefördert.


 

Referenz Projekt/e
Auf Einladung von Katrin Bertram spricht Prof. Dr. Erika Spieß über Möglichkeitsräume für Muße und Resonanz, moderiert von Janusz Czech …  
weiter lesen
Angela Anderson & Ana Hoffner ex-Prvulovic*, Brigitte Dätwyler, Monique S. Desto, Paula Hurtado Otero, Lena Maria Thüring, Anna Witt 
weiter lesen