Zoe Séance ist ein interaktives Performance-Projekt, das die Multimedia-Künstlerinnen Panja Göbel und Unnur Andrea Einarsdóttir speziell für die Lothringer 13 Halle entwickeln.
Das Publikum ist eingeladen, sich auf eine Reise der Selbsttransformation zu begeben. Am 9. und 10. Dezember werden die Künstlerinnen eine Reihe von rituellen Séancen anleiten, in denen neue Technologien eine zentrale Rolle einnehmen. Mittels einer Augmented-Reality-App, die an ein Gehirnströme messendes Headset angeschlossen ist, erkunden die Teilnehmenden die Beziehung zu ihrer menschlichen Identität und eine mögliche Verschmelzung mit nicht-menschlichen Anderen.
Was bedeutet es, menschlich zu sein in einer Zeit des konstanten Wandels und der permanenten Krisen? Wie können wir unsere subjektiven Verkörperungen an eine zunehmend instabile Zukunft anpassen?
Das Projekt sieht eine mögliche Antwort auf diese Fragen in den Theorien der feministischen Posthumanistin Rosi Braidotti, für die Subjektivität immer schon in Bewegung ist und sich Körper erst im nomadischen Akt des Anders- oder Fremdwerdens materialisieren.
Braidotti schlägt deshalb ein Konzept der Verkörperung vor, das sie zoe nennt und das auf drei grundlegenden Metamorphosen beruht: der des Tier-Werdens (becoming animal), der des Erde-Werdens (becoming earth) und der des Maschine-Werdens (becoming machine). Sie entwickelt ein Modell der affektiven Fürsorge, des „caring otherwise“, indem sie spielerische und lebensbejahende Figurationen entwirft, die den Boden bereiten für poröse Subjektivitäten, fluide Identitäten und vielfältige Wechselbeziehungen zwischen ihnen.
Zoe Séance greift diese spekulativen Figurationen auf und übersetzt sie in ein Angebot personalisierter Transformationserfahrung mittels AR-App: digitale Gesichtsfilter mit nicht-menschlichen Akteur*innen wie Tiere, Pflanzen und Technologien werden auf einem Tablet visualisiert, das als eine Art Spiegel fungiert, während ein spezielles Headset die persönlichen Hirnströme der Teilnehmenden in die Transformation einspeist und diese entsprechend verändert. Sprache, Live-Sound sowie verschiedene Aroma-Sphären kreieren eine Atmosphäre, in der die Beteiligten in einen kollektiven „Alpha-State-of-Mind“ eintreten.
Wie auch bei traditionellen Séancen liegt der Fokus auf der Verbindung mit dem Nicht-sichtbaren und Immateriellen innerhalb der temporären Gemeinschaft der Teilnehmenden. Die Performance stellt tiefgreifende Fragen darüber, wie wir mit der fluiden Verschiebung unserer Identität zurechtkommen, und hofft, ein Überdenken unserer Aufgabe und Position auf diesem Planeten zu initiieren.
Im Anschluss an die Performances am 9. und 10. Dezember wird das rituelle Setting und eine Videodokumentation der Seancen vom 14. - 30. Dezember in der Ausstellungshalle gezeigt.
Panja Göbel und Unnur Andrea Einarsdóttir arbeiteten bereits für mehrere Performances im Rahmen der All Women’s Networked Jam Sessions und den Corona Improv-Sessions auf dem Ars Electronica-Festival 2020 in Linz zusammen. Entwickelt über die Distanz zwischen London, Reykjavík, Berlin und München hinweg, ist Zoe Séance ihre erste Live-Kollaboration in Deutschland.
Das Projekt wird kuratiert von Lisa Paland.
Software-Entwicklung: Alex Brigden, Jayson Haebich and Panja Göbel